Quelle des Artikelauszuges:
http://www.der-berg.com/infos-fuer-artists/rappen-lernen/3/ – @Der-Berg.com
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„[…]Der wichtigste Reimtyp beim Rappen ist die sog. “Assonanz“. Diese Art und Weise des Reimens ist gekennzeichnet, durch die Synchronität bzw. der akustischen Übereinstimmung von Vokalen in den Reimwörtern. Ein Beispiel:
Tasche / Pflanze.
Sicher denken jetzt einige: “Moment, klingt ja absolut beschi****”. Richtig. Tut es auch. Der Grund dafür ist, dass wir lediglich zwei Vokale im Reim enthalten haben. Auf lange Sicht sind wir allerdings bestrebt, drei bis fünf Vokale in den Reim zu integrieren. Erstaunlicherweise klingt die Assonanz ansprechender, wenn mehr Vokale in diese integriert werden. Wir ergänzen also:
Reise-tasche / Seiden-pflanze.
Klingt besser und wäre in dieser Form auch ein guter Reim. Da es aber nicht immer leicht ist, einen Reim zu finden, welcher ein gewisses Niveau aufweist und auch inhaltlich in den Text passt bzw. nicht zweckgereimt ist, nutzen viele, auch etablierte Rapper bevorzugt die “unreine Assonanz”. Bei dieser Art zu reimen, werden Vokale, bevorzugt in der Wortmitte, außen vor gelassen. Wieder ein Beispiel:
Zahnorthopäde / Marktforschungsthese.
Allerdings sollte man es mit der Verwendung von sich nicht reimenden Vokalen in Maßen halten, da sich dies sonst negativ auf das Klangbild des Reimes auswirkt. Als Faustregel könnt ihr euch merken: Maximal 1/3 der Vokale im Reim dürfen unsauber sein. Haltet ihr euch daran, erreicht ihr akustisch ein annäherndes Klangbild, wie bei einer sauberen Assonanz, der Reimpool allerdings vergrößert sich immens. Tipp: Sind aufeinander gereimte Vokale unsauber, klingen aber ähnlich, wie “i” und “e” zum Beispiel, steigert dies nochmals das Klangbild des Reimes.
Praxistipp 3: Einen passenden, anspruchsvollen Reim finden.
An sich gibt es dafür kein Patentrezept. Jeder Künstler macht das nach gewisser Zeit auf seine eigene Art und Weise. Eine gute Methode für Anfänger möchten wir euch jedoch nicht vorenthalten.
Wie bereits im Abschnitt “Inhalt” gelernt, haben wir uns zunächst Gedanken über die Text-Thematik gemacht. Wir möchten noch immer ein Sommerlied verfassen, und haben schließlich die erste Zeile formuliert:
Ladys & Gentleman, herzlich willkomm’,
…
Steht das Thema und die erste Zeile, muss anschließend der Reim abgegrenzt werden. Ich persönlich bin immer bestrebt, mindestens vier Vokale in den Reim aufzunehmen. “Herzlich willkomm’” beinhaltet vier Vokale – nehmen wir. Wir fragen uns also: Was reimt sich auf “herzlich willkomm’”? Um dies zu beantworten, definiere ich als nächstes die Wortart, in der ich meinen Reim suche. Wie bereits erwähnt, machen (zusammengesetzte) Substantive den besten Eindruck, weshalb ich ein solches präferiere. Sollte ich kein Substantiv finden, das sich inhaltlich integrieren lässt, muss ich meine Ausgangszeile umformulieren oder auf eine Wortgruppe ausweichen.
Gut – die Grundvoraussetzungen sind gelegt, jetzt beginne ich mit dem Reimen. Dafür trenne ich den Reim zunächst in zwei Teile – “herzlich” und “willkomm’”. Nun überlege ich mir, was sich alles auf “herzlich” reimt, indem ich das Wort immer wieder ein bisschen vernuschelt vor mir her sage und nach Lust und Laune ein paar Buchstaben vertausche, weglasse oder hinzufüge. Dabei lasse ich mich auch gern von meiner Tastatur inspirieren. Die Resultate dieser Prozedur notiere ich mir währenddessen:
Herzlich /// Schwertfisch, wertig, sterblich, serbisch, Lehrstück, Meerblick, Werktisch usw.
Jetzt schaue ich, welche Reime inhaltlich in mein Sommerlied passen und selektiere “Schwertfisch” und “Meerblick”. Nun wiederhole ich das Ganze für den zweiten Teil des Reimes:
Willkomm’ /// Liaison, Vietkong, Binom, Peepshow, Friedhof, Kino, Tierhof, Gido, Skiort usw.
Belassen wir es zunächst bei den gefunden Reimen. Jetzt versuchen wir zu kombinieren – leichter gesagt als getan. Offensichtlich lässt sich lediglich der “Schwertfisch-Friedhof” einigermaßen sinnvoll zusammensetzen. Ein Schwertfischfriedhof wird allerdings nur selten mit sommerlicher Atmosphäre assoziiert, was den Reim gewissermaßen untauglich macht.
Wir haben aber noch ein Ass im Ärmel – die unsaubere Assonanz, welche unseren Reimpool erweitert. Wir erinnern uns, dass maximal 1/3 der Vokale unsauber gereimt werden dürfen. Unser “herzlich willkomm’” besteht aus vier Vokalen, was bedeutet, dass wir uns über 4 x 1/3 = 1,3 Vokale keine Gedanken machen brauchen. Moment – 1,3 Vokale? Gibt es selbstverständlich nicht. Da dies aber die Grenze ist, die wir nicht überschreiten dürfen, runden wir auf einen Vokal ab. Da sich “Schwertfisch” und “Meerblick” sauber auf “herzlich” reimen, haben wir also einen “Vokal-Freischuss” im zweiten Teil des Reimes. Wir reimen erneut:
Willkomm’ /// Enton, Balkon, Kamp One, Methorn, Techno, Plankton, Kurort, Zahngold usw.
In der Regel macht ihr das dann so lange, bis ihr denkt, etwas passendes gefunden zu haben. Ich kombiniere jetzt wieder und mir fällt auf, dass der Meerblick-Balkon ein sinnvolles Wort ergibt und sich auch gut in meinen Kontext integrieren lässt. Nun weiß ich also, dass ich meine zweite Zeile mit “Meerblickbalkon” beenden möchte und formuliere jetzt lediglich noch ein paar Worte davor:
“Ladys & Gentleman, herzlich willkomm’,
in eurem schönen Urlaubszimmer, mit Meerblickbalkon”.
Schon haben wir die ersten Zeilen verfasst. War nicht schwer, oder? Der Vorteil an dieser Art und Weise der Reimfindung ist, dass ihr unmittelbar Futter für eine Kettenreimstruktur sammelt, welche sehr gut von den Hörern aufgenommen wird.
Üben könnt ihr das Reimen eigtl. in jedem Rap-Forum. Meist existieren da Threads mit dem Titel – “2 Reime / 4 Zeilen” – oder ähnliche. Dort bekommt ihr vom letzten Post zwei Worte vorgegeben, auf die ihr dann vier Zeilen schreibt und ebenfalls wieder zwei Worte vorgebt. Macht Spaß und erhöht schnell eure Reimskills. Zur Motivation: Desto öfter ihr übt, desto schneller fallen euch entsprechende Reime ein.“